Die Saison kommt dann ja doch immer ganz plötzlich! Das Unterwasserschiff wurde in Zwartsluis bei "De Kranerweerd" gestrichen und nachdem die Opferanoden getauscht waren, ging es ins Wasser. Die erste Fahrt führte an Lelystad vorbei bis nach Amsterdam. Vier Tage dauerte der dortige Aufenthalt in der schönen Amsterdam Marina. Durchwachsenes Wetter - typisch für den April - begleitete Alf den Bordhund und mich. Doch irgendwie nervt der Rummel der Touristenstadt! nach zwei bis drei Stunden ist Schluß mit den Besuchen. An Bord ist es doch ruhiger. Von Steenwijk bis Amsterdam sind es etwa 100 Kilometer und es gilt drei Schleusen zu passieren. Die Wartezeiten sind in der Regel unter 30 Minuten!
Für diesen Streckenabschnitt benötigt man etwa 9 -10 Stunden, wenn alles mit den Schleusen und Brücken reibungslos klappt. Für die Durchfahrt der "Stehende Mastroute" ab Westerkeersluis bis zur Nieuwe Meersluis benötigt man eine Vignette, die man jedoch derzeit nur online kaufen kann. Also rechtzeitig nach Hause schicken lassen! Wir hatten Glück, wurden netterweise ohne Vignette durchgelassen. Der Kanal führt direkt am Amsterdamer Flughafen Schipool vorbei und die Flugzeuge sind zum Greifen nahe! Später in Waubrugge war die Brücke defekt und das bescherte uns eine kleine einstündige Zwangspause. Das passte ganz gut, denn unweit der Wartestelle gab es einen guten Bäcker, bei dem nach dem Einkauf ein ganzer Apfelkuchen fehlte. Bordhund Alf bekam eine Gassirunde und danach ging es eh schon wieder weiter. Um kurz nach 17:00 Uhr wurde vor der Windmühle unweit der alten Schleuse festgemacht. Liegegeld 1,8 €/m Bootslänge.
Das war die längste Etappe auf der Reise! Morgens um 7:00 Uhr los und um 19:15 Uhr in Middelburg. Zwischendurch eine Stunde Kaffeepause in Willemstadt. Wenn man sich mit dem Tiedenstrom bewegt, dann schafft man natürlich auch ein paar Kilometer. Wir hatten Glück mit den Schleusen und den wenigen Brücken. Und Middelburg sowie auch Willemstad sind sehr sehenswert.
Auch für diese Etappe gilt es mit der Tiede zu fahren um schnell voran zu kommen. Zumindest zwischen Vlissingen und Zeebrügge. Die "No Worries" lief gemütlich mit 10 Kn (18 Km/h) über Grund und der Verbrauch lag bei 16 L/h. In Zeebrügge passierten wir nach fast zweistündiger Wartezeit die große Seeschleuse. Die kleinere Schleuse auf der Südseite sollte erst am anderen Morgen öffnen. Noch ein paar Klappenbrücken und zwei weitere Schleusen und man ist direkt in Brügge. Wobei es die letzte Schleuse (Kesselschleuse) in sich hat! Das 10 m Charterboot vor uns drehte sich und drohte mit uns zu kollidieren - nichts wie raus hier! Vor der Kruispoortbrug gab es dann eine 24 Stunden Zwangspause. Irgendjemand hatte Diesel in den Kanal laufen lassen und ein stinkender, blauschimmernder Ölfilm färbte das Wasser über mehrere hundert Meter. Kostenloser Liegeplatz im Parkverbot vor der Brücke, mit direktem Zugang zur Altstadt und allen Sehenswürdigkeiten des Weltkulturerbes Brügge, der ältesten Stadt in Belgien! Hat auch was!
Für den Besuch von Brügge sollte man sich auch ohne Zwangspause mindestens zwei Tage Zeit lassen. Mittwochs ist Fischmarkt und am Wochenende gibt es einige Flohmärkte. Bei schlechtem Wetter lassen sich diverse Museen besuchen, wobei das Biermuseum wohl eines der ganz Besonderen ist! Eine Fahrt mit der Pferdekutsche erspart den "Fußfaulen" ein paar Kilometer Irrlauf durch die absolut sehenswerte Altstadt. Sarah und ihr Wallach waren für 40 Minuten unser Pferdetaxi und es hat wirklich Spaß gemacht!
Auch der Menschenfreund kommt hier voll auf seine Kosten! Schiffsladungen und Busse voller Chinesen, Japaner, Russen und anderer Nationen werden täglich hier abgeladen und durch die Stadt jongliert. Am schönsten ist es abends, wenn es ruhiger wird. Selbst bei leichtem Nieselregen lassen sich dann schöne Erinnerungsfotos machen. Vor dem Ablegen werden noch Lebensmittel eingekauft. Metzgerei "De Leeuwebrug" in der Langestraat 61, hat das beste Fleisch und die beste Wurst in der ganzen Stadt! Der Weg dahin lohnt sich!
Nach fast 24 Stunden war die Kanalsperrung in Brügge aufgehoben. Eine Mitarbeiterin der hiesigen Brückenaufsicht kam persönlich ans Boot um uns die freudige Nachricht zu übermitteln. Kaum 10 Minuten später waren wir auf unserem Weg nach Gent. Eigentlich nur 44 Kilometer Strecke, doch mangelndes Kartenmarterial und Missverständnisse führten zu einem kleinen Umweg bis zum KM 0,2 des Gent-Oostende Kanals. Bei Km 6 hätten wir bereits an StB auf die "Ringvaart" gemusst und dann nach etwa 4 bis 5 Km an BB in die Leie. So kamen wir mit zweieinhalbstündiger Verspätung gegen 21:00 Uhr erst an. Doch der Hafenmeister Philippe und Bootsnachbar Jef warteten so lange auf uns bis wir in unserer Box fest waren. Das Anlegerbierchen aus Brügge wurde aufgemacht, denn den Feierabend hatten wir uns echt verdient! Das dieser leckere dunkle Hopfenblütentee mit 11% Alkohol versetzt war, merkten wir sehr schnell und begaben uns zur Nachtruhe - Rausch ausschlafen!
Um 09:00 Uhr am anderen Morgen kamen Jef und Philippe an Bord und versorgten uns mit Kartenmaterial und frischen Eiern aus eigener Haltung! So viel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft sind herrliche Geschenke! Ich mag die Belgier! Die Liegegebühr ist erfreulich fair - 1,-€/Meter plus Strom und Wasser. Nach dem Frühstück und der Törnplanung ging es in die Innenstadt um die Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Und davon gibt es sehr viele!
Irgendwie sind die Belgier "heiratswillig", denn so viele Jungesellen- und Jungesellinnenabschiede wie in Gent sind mir noch nie begegnet. Fast im 20 Minutentakt tuckern die Heiratswilligen mit ihren Sloopen und Schlauchbooten an uns vorbei.
Kurz noch zum Friseur um die Ecke und dann fein machen für das Abendessen im "Le Homard Rouge". Es liegt gleich dicht an der Marina und wurde uns von Verena & Markus von der "VreMa" wärmstens empfohlen. Und sie hatten Recht! Das Menü war absolut Spitzenklasse!