Auch nachzulesen in der "BOOTE" 2000/6
Pfusch beim Einbau eines Fäkalientanks...
Stellen Sie sich vor, Sie liegen nachts zu Hause in Ihrem Bett und beginnen gerade Ihren wohlverdienten Tiefschlaf. Sie hören unterbewusst das nervende Klingeln des Telefons und überlegen sich noch, zu welchem Teil Ihres Traumes das gehört, bis Sie halb erwachen und rangehen.
„Hallo, hier ist die Frau des Hafenmeisters, wir hatten einen Stromausfall im Hafen und auf der Suche nach der Ursache, stellten wir fest, dass Ihre Yacht etwas tiefer als sonst im Wasser liegt..." Welch ein schnelles Erwachen.
So ist es mir am 28. August 1999 ergangen. Ich war noch nie so schnell am Hafen wie in dieser Nacht. Nach Betreten der „Escape" kam dann der nächste Adrenalinschub. Vorschiff, Pantry und Maschinenraum standen unter Wasser! Einzige Rettung - die Feuerwehr. Angelockt durch den Funkspruch der Feuerwehreinsatzzentrale kamen Presse und Fernsehen wie die Schmeißfliegen weit vor Eintreffen der Helfer an den Liegeplatz. Nach drei Stunden war dieser zweite Schock vorüber und die „Escape" leergepumpt. Wie konnte es geschehen, dass sich eine Yacht über Nacht in ein U-Boot verwandelt? Der Gutachter, der am anderen Morgen kam, hatte dafür eine kurze Erklärung: Werftpfusch! Zuvor hatte ich, der Umwelt zuliebe, Geld in einen Fäkalientank samt elektrischer Pumpe investiert.
„Fachgerecht" wurde dieser in einer Werft an der Elbe eingebaut. Bei der Gelegenheit hatte die Werft auch das „unnötige" Seeventil entfernt. Natürlich hat die Werft alles vor Auslieferung ,,gecheckt" und „geprüft". Die Fachleute haben einen 60er Schlauch auf einen 40er Stutzen geschoben und das nur etwa zwei Finger breit (der Stutzen war vier mal länger). Damit der Schlauch nicht abrutscht, wurde er mit einer Schelle befestigt.
Nimmt man für den Unterwasserbereich nicht zwei Schellen? Nun ja, Eigner haben ja nicht so viel Ahnung wie die Fachleute.
Das blinde Vertrauen in die Expertenwelt hat mir nicht nur diese eine schlaflose Nacht gebracht. Das Abenteuer begann nun erst richtig. Yacht verholen in eine Werft, Maschinen zerlegen, reinigen, Ölfilm entfernen, Teppiche ersetzen, Gerüche und Feuchtigkeit bekämpfen, Werkzeug, Generator, Heizung, Kühlschrank und vieles, vieles mehr austauschen oder reinigen.
Nehmen Sie sich Zeit
In der Not zeigen sich bekanntlich die wahren Freunde im Leben. So auch im Leben der Yachties. Besorgte und mitfühlende Stegnachbarn ,faire Versicherer und echte Profis unter den Werftleuten. Trotz sehr guter Hilfe hat es dann doch etwa drei Monate gedauert, bis der entstandene Schaden einigermaßen beseitigt war. Ich darf gar nicht darüber nachdenken, was geschehen wäre, wenn die Yacht mit der ganzen Familie an Bord irgendwo auf der Ostsee geankert hätte...
Ich kann also jeden Bootseigner nach dieser und weiteren schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit nur ermuntern, bei der Auswahl einer Werft sehr vorsichtig zu sein. Nicht die teuren Hochglanzprospekte, Messeauftritte oder nette Verkäufer sind Maßstab für die Qualität der Arbeit einer Werft. Fragen Sie nach Kundenadressen und Namen und erkundigen Sie sich bei diesen Referenzen über den Betrieb, der Ihr Boot bearbeiten soll. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit bei der Auswahl des Betriebes, der Ihr Vertrauen genießen soll. Es gibt sie noch, die guten und erfahrenen Bootsbauer und Handwerker. Man muss sie nur suchen. Sind Sie sich von vornherein aber dennoch nicht ganz sicher, dann sollten Sie folgenden Rat beherzigen. Hüten Sie sich vor Betrieben, die „Vorkasse" fordern. Bezahlen Sie statt dessen nach Fertigstellung einzelner Auftragspositionen. Vereinbaren Sie feste Preise und schließen Sie Nachforderungen der Werft vorher aus. In manchen Firmen ist es üblich, bis zu zehn Prozent der
Auftragssumme „nachzubessern". Lassen Sie sich vor Auftragserteilung die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) aushändigen und studieren Sie diese sorgfältig durch. Selbst die Stunde Beratungsgebühr bei Ihrem Anwalt ist es allemal wert zu investieren, wenn Sie sich nicht sicher sind, was einzelne Paragraphen in den AGB zu bedeuten haben.
Wie sah die Yacht aus?
Auf jeden Fall sollten Sie sich die Zeit nehmen, ab und zu nach Ihrer Yacht in der Werft zu sehen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Sehr gute Erfahrungen habe ich mit Fotodokumentationen der Arbeiten gemacht. Wie sah Ihr Schiff vorher aus? Können Sie das beweisen ? Ich habe es erlebt, dass eine Yacht die Werft in einem schlechteren Zustand verlässt als vorher. Noch ein Tipp: Wenn Sie Ihre Yacht von der Werft abholen, stellen Sie sicher, dass Sie beim Slip Termin oder beim Kranen anwesend sein können. Schauen Sie sich den Antifouling Anstrich genau an und überprüfen Sie den Rumpf auf mögliche Beschädigungen . Nehmen Sie Ihr Schiff erst ab, wenn es im Wasser schwimmt (bei nicht trailerbaren Booten) und bezahlen Sie die Rechnung nachdem Sie sicher sind, dass alle Arbeiten an Ihrem Schiff ordnungs- und vereinbarungsgemäß durchgeführt wurden. Nehmen Sie einen guten Freund, Stegnachbarn, Vereinskameraden oder Arbeitskollegen als Zeugen mit. Die Rückfahrt von der Werft zum heimischen Liegeplatz ist auch viel schöner zu zweit.