Die Peene - Amazonas des Nordens?!

Von Peene Km 98 bis in den Kummerower See bei Km 14 und zurück. Je nach Lust und Wetter zwischen drei bis sechs Tagen.

Ob da auch nur im Ansatz etwas dran ist, gilt es in den nächsten Tagen herauszufinden. Anklam wurde als Startpunkt gewählt, weil es sehr gut mit der Deutschen Bahn zu erreichen ist. Vom 1863 erbauten Bahnhofsgebäude geht man etwa eine viertel Stunde zum Anleger des Motorboot Clubs Anklam. ALDI und Famila Supermärkte liegen auf dem Weg. Das Boot liegt genau gegenüber der Eisenbahn- Klappbrücke und das stählerne Donnern der darüberfahrenden Züge ist gut zu hören. Eisenbahnfreunde wie ich, kommen da voll auf ihre Kosten! Interessante Dieselloks privater EVU`s sind keine Seltenheit. Von Berlin nach Anklam benötigt man mit der Bahn etwa 2,5 Stunden. Die Brückenöffnungszeiten sind in den aktuellen Wasserkarten angegeben und sollten bei der Törnplanung berücksichtigt werden.

Es ist der 11. April und der Frühling hat noch so seine Startschwierigkeiten. Nachts liegen derzeit die Temperaturen um den Gefrierpunkt. Ob die Wetterfrösche mit ihren Vorhersagen für die kommenden Tage Recht behalten, wird man sehen. Es wurde schöneres Wetter angekündigt, mit Temperaturen im zweistelligen Bereich. 

Es warten etwa 100 Flusskilometer auf die "No Worries" mit ihrem Tiefgang von 1,45 Metern und ihrer Durchfahrtshöhe von 3,70 Metern!

Tag 1: Von Anklam nach Alt Plestlin (Km 89 - Km 51)

Am Morgen noch einen Kaffee und Klönschnack mit den Dreien von "Abenteuer Flusslandschaft Anklam" (Carsten, Udo und René) und danach Leinen los! Mit etwa 9 Km/h (erlaubt sind 12 Km/h) zu Berg bis zum Wasserwanderrastplatz Alt Plestlin. In Stolpe gibt es einen schönen Anleger und Sehenswertes! Zum Einen die älteste Klosterruine in Vorpommern von 1153, die dazugehörigen Mönche aus Bronze und zum Anderen ein schönes Gutshaus mit Sterneküche! Der dort angebotene Honig ist ausgezeichnet und ergänzt jetzt morgens das Frühstücksangebot an Bord. 

Da die Hausboottouristen erst in der kommenden Woche loslegen, ist es noch ruhig auf dem Fluss. Sehr ruhig! Mit etwas Glück begegnet einem eine "Schweinerei" im Schilf und der Seeadler zeigt sich. In Jarmen könnte man bei Bedarf an der Spundwand festmachen und 300 Meter zum nächsten Supermarkt laufen. 

Vier Stunden, 38 Kilometer und dutzende Fotos später wird am Anleger Alt Plestlin festgemacht. 

Tag 2 und 3: Alt Plestlin - Demmin - Aalbude und Kummerower See (Km 51 - Km 14)

Diese Strecke ließe sich auch an einem Tag fahren, doch wer etwas von Demmin oder Loitz sehen möchte, gönnt sich mehr Zeit. Weitere Informationen zu Loitz und Demmin folgen später.

So ein Sonnenaufgang über dem Fluss hat schon was! Also früh die Maschinen starten und Leinen los! Kurz vor Loitz schiebt ein leeres Gütermotorschiff um die Ecke und überholt. Na, das passt ja, denn wir kommen hinter dem Holländer durch die Loitzer Klappbrücke. In Demmin nutzen wir das erste Mal überhaupt den Funk. Auf Kanal 10 bekommen wir von der Holländischen Kapitänin der "Feivel", den Hinweis, dass sie demnächst wenden würde um rückwärts in Demmin anzulegen. Also Auskuppeln und langsam machen.

Hinter der Klappbrücke in Demmin wird es einsam und noch ruhiger auf der Peene.  Hierher verirrt sich kein Gütermotorschiff mehr, lediglich der Fahrgastschifffahrt begegnet man ab und zu. Etliche kleine Anleger bieten Möglichkeiten zum Rasten. 

Die Gegend ist ein Vogelparadies! Mit dem Teleobjektiv lässt sich so manches Federvieh einfangen. Und dann geht es auf den Kummerower See. Doch mit dem Tiefgang der "No Worries" ist es sicherer umzudrehen und am Restaurant Aalbude festzumachen. 

Heute Ruhetag! Doch der Koch hat Erbarmen und bringt "Kalten Aal" mit Dill-Apfelsalat und warmen Sauerteigbrot! Der Abend ist gerettet!

Demmin

Etwa 11.000 Einwohner leben in Demmin. Die Stadt blickt auf eine bewegte Geschichte zurück und ist 1945 von der Roten Armee fast völlig zerstört worden. Eine Gedenktafel erinnert an den größten Massensuizid in Deutschland vom Mai 1945. Die Sinnlosigkeit des Krieges wird hier überdeutlich und ist so aktuell wie selten zuvor, angesichts der "Militäraktion" von Putin in der Ukraine.

Ein paar alte Fassaden kann man noch entdecken, doch der Sozialistische Plattenbau überwiegt im Stadtbild. In Demmin treffen drei Flüsse zusammen - die Peene, Tollense und Trebel. Markant sind Kirche St. Bartholomaei, das Luisentor und der letzte von ehemals 27 Wehrtürmen der Stadt.

Vom Anleger aus sind es keine fünf Gehminuten zum Penny! Optimal um die Vorräte zu ergänzen.

Wasserwanderrastplatz Trittelwitz

Toller Name, toller Ort. Abgeschieden und ruhig lässt es sich jetzt in der Vorsaison hier nächtigen. Bedeckt vom Sternenhimmel und ohne weitere Boote am Holzsteg verliert man sich hier in der Einsamkeit. Ja, die Peene hat den Titel "Amazonas des Nordens" verdient - hier in Trittelwitz auf jeden Fall!

Tag 4: Loitz und Sophienhof

Auf dem Rückweg gibt es dann einen Stop in Loitz. Hohe Erwartungen gibt es an diesen hübschen kleinen Ort mit dem ehemaligen Bahnhofsgebäude am Sportboothafen. Zu hohe Erwartungen! der Imbiss im Silo ist noch bis morgen im Winterschlaf und auch sonst ist kein offenes Restaurant zu finden. Beim Stadtbummel geht es am "Kulturkonsum" vorbei zum Rathaus und zur St. Marienkirche. Und die finde ich wirklich hübsch! Bereits vom Wasser aus ließ sich ja der weiße Turm erkennen. Die Malereien im Kreuzgewölbe und der Altar sind wunderschön. Erstmals erwähnt wurde St. Marien im 13. Jahrhundert. Ähnlich alt ist das Steintor, das letzte von vier Stadttoren. Es befindet sich unweit der Kirche. Etwas "abgebrochen" und gestutzt sieht dieses ehemalige Gefängnis nicht gerade hübsch aus. Das gilt bedauerlicherweise auch für viele leerstehende Gebäude im Ort. Die "Wandmalereien" an den Fassaden sind jedoch besser als die meisten Graffiti. 

 

Weiter geht es zum WWRP (Wasserwanderrastplatz) Sophienhof. Bei Ulrike im Dorfladen gibt es Heimatkunde und Torfkopp. So nennt sich der leckere Hopfenblütentee aus der Hafendestillerie in Loitz. Und beim Genuss des selbigen, kommt mir eine Textzeile aus einem alten Kinderlied in den Sinn:" ...die Mutter ist in Pommerland und Pommerland ist abgebrannt...". Denn auch das Gutshaus Sophienhof ist schon lange abgebrannt, wie so Vieles hier in Vorpommern. Doch ruhig ist es hier am Anleger. Hier bleibe ich über Nacht. 

Irgendwann am Abend, steht Steffen am Boot und wir kommen ins Gespräch. Der verschmitzt lächelnde "Ureinwohner" kam aus Dresden nach Sophienhof und ist hier sesshaft geworden. Er braut sein eigenes Bier und backt auch sein eigenes Sauerteigbrot. Ob er sich zu einer Qualitätsüberprüfung seiner Produkte überreden lässt?  Klar, da lässt sich der Sachse nicht zweimal bitten! Er brachte noch Ulrike und Katja zur Verstärkung des Verköstigungsteams mit und kurze Zeit später saßen wir dann zu viert auf dem Achterdeck und genossen Steffens Köstlichkeiten! Es war ein wunderbarer und unvergesslicher Abend mit vier interessanten Lebensgeschichten. 

Tag 5: Jarmen und Anklam

Was sich doch so entwickeln kann, aus einer Feuerstelle von 830 v. Chr.! Die Slawen dürfen wohl als Gründerväter von Jarmen verantwortlich sein. Wikipedia hat sicher weitere Informationen zu dieser Kleinstadt an der A20. Ich kenne Jarmen aus meiner Zeit im Außendienst. Da bin ich immer nur durchgefahren. Doch nun ist es an der Zeit einen kleinen Stop einzulegen. 

Die mächtigen Getreidesilos am Hafen sind schon von Weitem zu erkennen. Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen u. A. die St. Marienkirche, das Rathaus und das Haus Waterstraat. Aufgrund der Wettersituation verweile ich hier nur kurz. Es geht zurück nach Anklam. 

Mein Fazit zur Peene: Wer Ruhe, Natur, Ursprünglichkeit und tolle Menschen sucht, ist hier genau richtig! 

Demnächst geht es weiter nach Peenemünde, Wolgast oder Usedom...

Anklam

Zum Abschluss der Peene Tour hier zusätzliche Eindrücke aus Anklam. Die alte Hansestadt bietet beim zweiten Besuch noch ein paar Fotomotive. Darunter das letzte Gotische Giebelhaus aus dem 14. Jahrhundert, das Steintor, und diverse Kirchen und interessante Fassaden. Auch Otto Lilienthal verbrachte von 1852 bis 1864 seine Kindheitsjahre hier und unternahm zusammen mit seinem Bruder erste Flugversuche im Hinterhof des Hauses an der Fußgängerbrücke über die Peene. Heute ist dort eine Metzgerei mit einem sehr guten Angebot an Fleisch- und Wurstwaren.