Nachzulesen in der Boote 1999/1
Die Geschichte vom ersten Traumboot
Mit 14 Jahren blätterte ich bereits in Bootszeitschriften und träumtevon einem eigenen Motorboot. Dann kam die Zeit der Ausbildung,der Beruf, Ehe und Familiengründung. Für meine Bootsträume gab es wenig Zeit und Geld. Irgendwann in den späten 1980igern hatten wir als Familie während eines USA-Urlaubes die Gelegenheit ein Motorboot zu mieten und den Lake Powell zu befahren. Alle Familienmitglieder waren begeistert. Der alte Wunsch nach einem Motorboot wurde wieder wach und so dauerte es auch nicht sehr lange, bis zu Hause der Sportbootführerschein gemacht wurde. Danach kam die Frage nach dem geeigneten Boot. Als ahnungsloser frischgebackener Neueinsteiger wäre ich beinahe den Überredungskünsten eines Verkäufers und der fehlenden eigenen Kenntnis unterlegen und hätte mir das angebotene Boot gekauft. Unter der Bedingung, dass ein Gutachter zu einem ähnlichen Wert käme wie der geforderte Kaufpreis, wurde per Handschlag das Geschäft gemacht. Eine Woche später kam dann das 1000 DM teure Gutachten. Fein säuberlich waren alle Schwachstellen dokumentiert und mit entsprechenden Fotos belegt. Defekte Maschine, rostige Schweißnähte, katastrophale Elektrik und vieles mehr. Das Boot wäre nicht einmal die Hälfte Wert gewesen! Ein Alptraumwurde verhindert, wie mir heute nach vielen Jahren Erfahrung klar geworden ist.
Palma de Groot
Mit dieser ersten und wichtigen Erfahrung ging die Suche weiter, bis schließlich eine 20 Jahre alte Holländerin gefunden war, eine Palma 40 mit zwei jeweils 106 PS starken Dieselmotoren und ausreichendem Platzangebot für meine damals sechsköpfige Familie. Die ersten Törns wurden gemacht. Die ganze Familie hatte Spaß und die Fahrten wurden mit der Zeit nicht mehr so abenteuerlich, da sich eine gewisse Routine und Erfahrung einstellte. Zum Beispiel wurden die Seeventile zukünftig immer vor jeder Fahrt geöffnet, nachdem ich das einmal auf dem Schweriner See vergessen hatte und beide Motoren heiß wurden, so dass ich bei 5 Windstärken mitten auf dem See die verbrannten lmpeller wechseln durfte.
Yanmarin 540
Mit der Zeit wuchs aber auch der Wunsch, einmal viel schneller voran zu kommen, einmal so richtig Gas geben zu können. Schließlich wurde die Palma verkauft und gegen einen Flitzer eingetauscht. Eine Yanmarin540 mit einem 175 PS starken Außenborder. Alles viel kleiner, aber dafür trailerbar. Nach einer Saison verkaufte ich dieses herrliche, aber für uns unpraktische Spielzeug. Die Gründe dafür sind vielfältig gewesen. Die Begeisterung der Kinder war nur kurz, denn bei Gleitfahrt ab 30km/h bis 70 km/h und etwas Wellengang entwickelte sich das Boot zu einer Foltermaschine für Knochen und Rücken. Die ewige Suche nach einer Toilette für die lieben Kleinen machte auch keinen Spaß. Ein Törn in Mecklenburg, unserem Lieblingsrevier, war dann entscheidend. Mit einem 175-PS Gleiter mit 5,40 Meter Länge, dem entsprechenden „Sound“ im Nacken, in Verdrängerfahrt mit riesigem Schwall durch das Naturschutzgebiet, das war einfach daneben! Zum Glück hat diese Erfahrung nicht viel Geld gekostet, da das Boot ohne Verluste verkauft werden konnte.
Die Bootszeitschriften wurden durchstudiert und die Suche nach dem Traumboot ging weiter. Ins geheim trauerte die ganze Familie der Palma nach, doch keiner mochte das so recht zugeben.
Pettersson Yacht
Ein Oldtimer (Baujahr 1925 von CG Pettersson) aus Schweden verkürzte uns die Suche für eine Saison. Die wunderschöne Form und das edle Mahagoniholz sowie der sparsame Verbrauch erfreute nicht nur uns, sondern auch den zukünftigen Käufer, denn trotz der acht Meter war die ,,Lydia" immer noch zu klein.
Nach vielen Messebesuchen und Gesprächen mit Bootsbauern und Ingenieuren wollte ich ein Boot nach meinen Vorstellungen bauen lassen. Ich saß nachts stundenlang und zeichnete Rumpfformen und Aufteilungen. Telefonierte mit Motorenherstellern und Bootswerften. An dieser Stelle sei allen gedankt, die ihre kostbare Zeit und Erfahrung zur Verfügung gestellt haben. Holz oder GFK, Stahl oder Aluminium? Sauger oder Lader? Ein oder zwei Motoren? Das waren nur die leichteren Fragen, die mich damals beschäftigten. Doch mit der Zeit entwickelte sich mein Traumboot in Gedanken. Es nahm Gestalt an. Es stand fest, dass es wieder ein Stahlbootsein sollte, nach Möglichkeit mit zwei Maschinen, auf jeden Fall mit einem großen Platzangebot und praktischer Innenausstattung. Maximal 15 Meter Länge, aber flach genug, um die gängigen Binnenwasserstraßen befahren zu können. Und die Optik sollte natürlich auch stimmen.
Da ich schon sehr bald nach den ersten Kalkulationen ahnte, dass ein Eigenbau zu viel Geld und Zeit kosten würde, machte ich mich zunächst auf die Suche nach einem Markenangebot" aus heimischer Produktion. Die Reisen gingen von der Oder bis nach England. Die Angebote waren vielfältig und füllten nach kurzer Zeit bereits mehrere Aktenordner. Aber das richtige Boot war nicht dabei. Die Messebesuche in Hamburg, Berlin und Düsseldorf waren zwar sehr aufschlussreich, aber brachten nicht das gewünschte Ergebnis. In BOOTE, Ausgabe 4/96, las ich dann einen Artikel über die Yachtmakler in Holland. Die abgedruckten Boote einiger Makler sahen vielversprechend aus. Also machte ich mich einige Tage später wieder auf nach Holland, diesmal an das Ijsselrneer. Bei einem der Yachtmakler wurde ich schließlich fündig. Da stand es, wie bestellt und nicht abgeholt, das Boot meiner Träume!
Van Brussel Kotter
Am Wochenende darauf besichtigte ein Teil der Familie die Kutteryacht von der Van-Brussel Werft aus Holland, um zu einer Entscheidung zu kommen. Eine Probefahrt mit den Eignern rundete den Besuch ab und ein Kaufvertrag wurde geschlossen. Die Eigner überführten das Boot nach Hamburg, wo dann auch die Übergabe stattfand. Die Abwicklung des Kaufes hat vorzüglich funktioniert, es gab keine Probleme. So haben sich das lange Suchen, Planen, Zeichnen und die vielen Messebesuche und Gespräche letztendlich doch gelohnt. Die mittlerweile achtköpfige Familie ist begeistert und verbringt viel Zeit an Bord. Die ersten Törns waren wunderschön, und der Eigner ist besonders glücklich darüber, dass es keine Seeventile gibt, die man zu öffnen vergessen könnte. . .